Wer auf den einschlägigen Bierbewertungsplattformen wie Ratebeer oder Untappd in den jeweiligen Bestenlisten Ausschau hält, kommt an den Bieren der Hill Farmstead Brewery nicht vorbei. Die im ländlichen Vermont von Shaun Hill im Jahre 2010 gegründete Brauerei hat sich in nur wenigen Jahren einen Ruf erarbeitet, welcher der Bezeichnung eines Donnerhalls nur unzureichend gerecht wird. Mitten im Nirgendwo gelegen, entstehen einige der wohl besten Biere der Welt.
Auf einer Landstraße im tiefsten Vermont: Es ist Spätsommer. Mitte September tragen die Bäume noch ihr grünes Gewand bevor es einen Monat später den vielen Farben des berühmten „Indian Summer“ weicht. Ein einsamer Wagen bahnt sich seinen Weg zunächst über eine asphaltierte Straße, dann über Schotter. Am Wegesrand ziehen nur vereinzelte Häuser vorüber. Die Stimme des Navigationsgeräts verkündet die Ankunft am angegebenen Ziel der Fahrt: Hill Road 403 in Greensboro Bend. Hier liegt das Mekka für Biergeeks aus aller Welt: Hill Farmstead Brewery.
Wir werden von einer einzigartigen Location inmitten eines Paradieses begrüßt. Auf einer grünen Wiese, von Mischwald umringt, präsentiert sich die Brauerei mit einem Taproom im Hauptgebäude und dem Außenbereich – eine sehr idyllische Szenerie. In der alten Braustätte ist der Retail-Store untergebracht. Unweit davon parkt ein Foodtruck auf dem Gelände, der die Besucher mit Tacos und feinstem Käse aus Vermont versorgt. Wir betreten das Hauptgebäude von Hill Farmstead und stellen beruhigt fest, dass die Warteschlange, um ein Bier am Ausschank zu bestellen, nicht allzu lang ist. Somit können wir uns relativ schnell mit Bieren eindecken und einen schönen Platz im Freien suchen. Unser Ziel ist hier sowieso ganz klar: wir trinken ALLE Biere auf der Tap-Liste! Und dies ist eine weise Entscheidung.
Die Brauerei geht zurück auf eine Farm, welche bereits in der 8. Generation im Besitz der Familie Hill ist. Ihr Gründer Shaun Hill startete mit dem Brauen während seiner High-School-Zeit und arbeitete sich über die Jahre bei verschiedenen Brauereien bis zum Headbrewer hoch. Nach Stationen bei zwei Brauereien in Dänemark kehrte er nach Vermont zurück und ebnete zusammen mit seinen Brüdern den Weg für eine Erfolgsgeschichte im amerikanischen Brauwesen, die seinesgleichen sucht: Die Hill Farmstead Brewery entstand. Das Logo der Brauerei geht auf einen Vorfahren zurück, der ein ähnlich aussehendes Schild in seiner Taverne hängen hatte. Shaun ehrt zudem das Andenken an seine Familie auf besondere Weise, indem er die gebrauten Biere nach seinen Vorfahren benennt.
Die Bewertungen auf Ratebeer und Untappd für die Biere der Brauerei sind nicht ohne triftigen Grund durchweg in einem sehr hohen Bereich. Es liegt wohl unter anderem darin begründet, dass die Brauerei ein überaus hochqualitatives Brauwasser ihr Eigen nennen darf. Zudem wird auch auf regionale Braugerste bei der Herstellung gesetzt. Dies macht sich besonders am Porter Everett bemerkbar, das quasi aus der Bandbreite an Weltklasse-Bieren noch heraussticht. Noch nie war uns ein Bier dieses Stils untergekommen, das so weich und cremig ist. Bei uns herrscht Einigkeit: das beste Porter der Welt! Es rechtfertigt somit auch die hohe Durchschnittswertung auf Ratebeer und steht in der Top-50 dieses Bierstils für uns zurecht auf dem 1. Platz.
Auch bei anderen bekannten Stilen kann Hill Farmstead bei uns punkten: bei den Pale Ales, den IPAs und den Saisons. Letzteres interpretieren die Amerikaner im allgemeinen eher saurer und komplexer als das belgische Vorbild. Und wenn dann noch eine Fassreifung oder gar das Verschneiden von unterschiedlichen Bieren ins Spiel kommt, wird es höchst interessant. So geschehen beim Civil Disobedience #22, bei dem ein Blend aus verschiedenen Vintages des Florence und Arthur für 18 Monate in Weissweinfässern ausgebaut und anschließend für 12 Monate einer Flaschenreifung unterzogen wurde. Doch auch ein eher unaufgeregter Bierstil wie das Pilsener findet sich an den Zapfhähnen bei Shaun Hill und seinem Team.
In den Königsdisziplinen, wie der des Imperial Stouts oder des Barleywines, zeigt sich das wahre Können der Brewmaster bei Hill Farmstead. Die Biere gab es zwar nicht vor Ort vom Fass, doch wir hatten das große Glück, während unserer US Eastcoast-Tour in den Besitz diverser Flaschen zu geraten. Darunter das Genealogy of Morals (Akmel Nuri), ein Imperial Stout, das für 20 Monate in Bourbon Fässern ausgebaut und auf Akmel Nuri Kaffeebohnen aus Äthiopien gelagert wurde. Oder auch das Madness & Civilisation, welches aus einem Blend verschiedener Versionen dieses Imperial Stouts besteht und anschließend mit Kakao- und Kaffeebohnen aus Ecuador veredelt wurde. Erwähnt sei hier aber vor allem Aaron, ein Barleywine wie von einem anderen Stern! Natürlich ebenfalls in Bourbon-Fässern ausgereift, belegt dieses Bier in der Bestenliste seines Stils auf Ratebeer einen Podestplatz.
Diese Brauerei zu besuchen ist mehr als ein absolutes Erlebnis. Es kommt dem Auffinden eines Bier-Paradieses gleich. Eingebettet in die ungezähmte wie auch wunderschöne Natur im sogenannten „Northeast Kingdom“ von Vermont, hat Shaun Hill etwas erschaffen, was die Bierwelt weiterhin nachhaltig beeinflussen wird. Dort möchte man nicht nur verweilen und sich wünschen, die Zeit möge doch stehen bleiben, sondern auch diese einzigartige Atmosphäre in sich aufsaugen. Dieser Besuch wird auch bei uns nachwirken. Ist die Hill Farmstead Brewery nun die beste Brauerei der Welt? Davon überzeugt man sich am Besten selbst. Wir glauben, dass es viel besser nicht gehen kann. Wahrscheinlich.