1 Punkt 21 Gigawatt benötigt der DeLorien von Doc Brown aus „Zurück in die Zukunft“ für einen Zeitsprung. Mit 40 Minuten Fahrzeit von Bamberg aus nach Waischenfeld (Landkreis Bayreuth) zur Brauerei Heckel haben wir Hopfenjünger es geradezu energiesparend geschafft, in der Zeit zu reisen. Denn was wir in Waischenfeld vorfinden, das kann unmöglich 2022 sein.
Authentizität und Handwerk
Malerisch im romantischen oberen Wiesenttal gelegen, erreichen wir einen verträumten oberfränkischen Ort. Stellvertretend für die gesamte Region gibt es auch hier noch eine historisch gewachsene Struktur an authentisch produzierenden Handwerksbetrieben, die ihre Erzeugnisse für nahezu lächerlich niedrige Preise anbieten, zumindest, wenn man nicht aus Oberfranken kommt. Das merken wir schon, als wir in die Metzgerei Keller in der Hauptstraße gehen.
Regionalität wird groß geschrieben
Da es in der Brauerei Heckel nichts zum Essen gibt, und die Uhr 9:18 Uhr anzeigt, decken wir uns erstmal mit Wurst- und Käsespezialitäten ein. Während wir uns Pressack, Pfefferkäse, Zungenwurst und Hausmachersülze zusammenstellen lassen, huscht der Metzger an der Tür des Verkaufsraumes vorbei, nicht ohne uns „Preußen“ mit kritischem Blick zu prüfen. Ein guter Ratgeber ist immer das Motto: „Je interessanter die Wurst aussieht, umso besser schmeckt sie!“ planen wir eine Brotzeit in der Brauerei Heckel: Um Punkt 9:30 Uhr hören wir dort dann auch das Schloss an der Gaststättentür klicken und wir betreten den Gastraum.
Welches Jahrzehnt ist’s, bitte?
Dunkle Wandvertäfelung unter den geweißten Decken und Fensternischen, grau-beige Gardinen, wo gefühlt die Oma schon modernere hatte, eine Theke, die an Schlichtheit nur von einer Topfpflanze aufgelockert wird, ein überschaubares Glas- und Bierkrugregal. Jetzt sind wir aber wirklich zurückversetzt in längst vergangene Jahrzehnte. Nicht, dass das despektierlich rüberkommt: Man fühlt sich bei Brauerei Heckel sofort wohl! Wer denkt: Samstagmorgens geht doch niemand ein Bier trinken, verschätzt sich auch hier bei der Annahme des Jahrzehnts. Wir breiten die Spezialitäten der Kellerschen Dorfmetzgerei aus und um hier das Urteil schon einmal vorwegzunehmen: Solche Wurst kennt man in dieser Qualität, Machart und dann auch noch im Preisgefüge so nicht mehr – einfach großartig! Unser Bier ist schnell gezapft, der Gastraum füllt sich langsam zum samstäglichen Frühschoppen, und wir sind glücklich.
Frankenbier par excellence
Das Seidla kostet nur 2,20 EUR!!! Wie funktioniert das? Seid mal ehrlich: Wieviel kostet Euer Makro-Bier in Eurer Gastro vor Ort? Braumeister Rainer Heckel braut und sein Bruder, der Wirt, zapft es uns zu diesem Preis für 0,5 Liter und das Bier ist einfach nur herrlich! Bernstein, opal im Glas, feinporig weißer Schaum. Es duftet sehr brotig-getreidig und nach Heu. Man riecht schon das Frankenland! Ungespundet, also mit sehr niedriger Rezenz fließt das Bier vollmundig und mit eleganter Weichheit auf die Zunge. Der getreidig-hefige Charakter sticht heraus und auch die ordentliche, fürs Frankenland aber typische, ebenfalls aus der Zeit fallend wirkende Bittere greift – und schwupps – leer! Was für ein Bier!
Im legendäree Film „Zurück in die Zukunft“ reisen sie von 1985 nach 1955. Wir sind bei der Brauerei Heckel im Jahre 2022 mehr als 30 Jahre zurück in der Zeitgereist – gefühlt. Eine tolle Reise.
Brauerei Heckel
Vorstadt 3,
91344 Waischenfeld