Die Bäume schlagen aus, die Blumen blühen, der Durst wächst – ja so ist die Maibockzeit. Es ist doch einfach schön, dass der Bierkalender verschiedene saisonale Spezialitäten vorhält und so kann man sich mit Wonne daran laben. Im Frühjahr bringen diverse Brauereien Maiböcke auf den Markt. Ein Maibock ist ein untergäriges Starkbier, hell eingebraut. Als Bockbier darf es bezeichnet werden, wenn es eine Stammwürze von mindestens 16°P aufweist.
Über die Vorzüge von Blindverkostungen haben wir Hopfenjünger schon einmal berichtet (siehe: Weißbierblindtest). Heuer wendeten wir Hopfenjünger uns also den Maiböcken zu. Wieder sollten es 5 verschiedene Exemplare sein.
Die getesteten Biere
Der Top-Favorit: Brauerei Zehendner – Mönchsambacher Maibock 6,5 % alk.
Auch die in der Craftbierwelt gehypteste Brauerei aus Oberfranken braut saisonale Biere. Den Maibock hatten wir Hopfenjünger noch nie gekostet, aber wir erwarteten von dem Superstar des fränkischen Bieres nicht weniger als einen klaren Sieg
Der Routinier: Ayinger Privatbrauerei – Maibock 6,9 % alk.
Die hellen Biere der Oberbayern bringen allesamt einen typischen Ayinger-Crisp mit. Mit der Urweisse und dem Doppelbock Celebrator besitzt die Brauerei zudem zwei absolute Topstars ihres Stils. Auch hier wird Großes erwartet. Zumindest ist es immer eine ehrenvolle Freude, ein saisonales Spezialbier einer unserer Lieblingsbrauereien abzubekommen
Der Lokalmatador: Temmelser Braukeller – Maibock 6,5 % alk.
Alex Baltes aus Temmels, ein persönlicher Freund der Hopfenjünger, stellt den lokalen Vertreter. Frische vor national anerkannter Klasse. Dass Alex geile Biere brauen kann, ist zumindest mittlerweile nicht nur an der Obermosel kein Geheimnis mehr. Kann er sich in dieser starken Konkurrenz behaupten?
Der Kapitalist: Bitburger – Maibock 6,7 % alk.
Der Macro-Brew-Vertreter überrascht seit einigen Jahren mit spannenden saisonalen und speziellen Bieren. Freundschaftssude wie jüngst mit der Deschutes Brewery aus Oregon oder Sierra Nevada aus Kalifornien beweisen, dass man trotz Marktgröße offen für Neues ist. Aber kann die „böse Großbrauerei“ qualitativ mit den kleinen authentischen Brauereien mithalten?
Der Außenseiter: Finne Brauerei – Lauer Lenz Maibock 6,5 % alk.
Unser Craftbierdealer des Herzens, die Craftprotz Kreativbierbar in Trier, bot diesen Vertreter an. Die Brauerei Finne aus Münster gehört zu den neuen Crafties, die in den letzten Jahren überall in der Republik aus dem Boden sprießten. Zufällig mit am Start repräsentiert Finne in dieser Runde den Aufbruch der neuen Kreativbrauer.
Die sensorische Verkostung
Der Testaufbau ist also klar: 5 Maiböcke, blind serviert. Die 5 Vertreter sind bekannt und die drei Hopfenjünger Johannes, Figo und Marco müssen nun eine qualitative Reihenfolge herausfinden und dann auch – ja man kann es raten nennen: Welches Bier gehört zu welcher Brauerei?
Warum wir hier an dieser Stelle schon von Raten sprechen, wird später deutlich.
Nun, das erste Kriterium ist: Wie sehen diese 5 herrlichen Biere im Glas aus? Es schimmert gold, meist schon ins bernsteinfarbene herein, zweimal nur leicht trüb, zweimal etwas mehr trüb und einmal klar. Der klare Vertreter lässt des Weiteren etwas an Schaumstabilität vermissen. Zack, die erste unterbewusste Herabqualifikation in den Gedanken der Blindtester ist gefallen. Wir alle drei werden dieses Bier später in die Großbrauerei aus Bitburg und „nur“ auf den 4. Platz tippen.
Also geht’s los: Der Reihe nach wird Bier für Bier sensorisch verkostet. Schnuppern, nippen, notieren. Begriffe wie Weißbrotkruste, strohig, dickere Textur, spritzig, dezente Zitrusnote, Mirabelle, grasig und vieles mehr werden auf unsere Notizzettel gekritzelt.
Stille, Konzentration, rotierend nervöse Handbewegungen, ja: Es ist schon nicht so einfach, 5 Biere blind zu verkosten und den Überblick zu behalten. Nach einer Weile hat jeder 5 mal geschnuppert, gekostet und notiert und es ist Zeit, nochmal eine zweite Kontrollverkostung zu starten. Das ist jetzt der Moment, in dem etwas gänzlich Unvorhersehbares passiert. Oder eigentlich ist es weniger unvorhersehbar, sondern einfach nur logisch: Wenn ein Maibockbier so 10-15 Min im Glas steht, ist völlig klar, dass es sich verändert! Es nimmt Temperatur und Sauerstoff auf und prägt intensivere und manchmal auch etwas andere Noten. Tja, was nützen einem nun noch die Notizen von vor 10 Minuten? Völlige Konfusion!!! Jetzt heißt es: Kühlen Kopf bewahren! Es nützt ja nichts: Man muss zu einem Ergebnis kommen.
Das Testergebnis
Testsieger: Unser geliebtes „Mönchi“, der Favorit, hat gesiegt, aber: sehr knapp!!! Brotige Noten, sehr harmonisch, knackig mit prägnanter Bittere.
Überraschungssieger: Ohja, schon wieder kommt der Macro-Brew auf Platz 2. Wir hatten ihn viel schlechter getippt und er hat sich trotzdem durchgesetzt. Blindverkostungen sind gänzlich unbeeinflusst von Image und Vorerwartung. Respekt nach Bitburg: Grasig, Noten von Zitrus, schöne Bittere.
Platz 3 geht nach Temmels. Aus Sympathie besser getippt und damit leider nicht erkannt. Wir haben das Bier alle drei fürs Ayinger gehalten. Ein guter dritter Platz. Weißbrotkruste, dicke Textur, sprudelig.
Platz 4: etwas unsexy im Glas, klar und mit flüchtigem Schaum wie erwähnt kollektiv fürs Bitburger gehalten und auf Platz 4 getippt. Aber: Ayinger Maibock: fruchtig, strohig, süß.
Platz 5: leider klar verloren und kollektiv auf Platz 5 und richtig getippt. Mirabelle, Pflaume, Textur, süß, Bittere da. Keine Frage: Der Laue Lenz ist kein lauer Lenz, die Konkurrenz war einfach sehr stark.
Das Fazit
Wieder einmal spielt einem das Image eines Bieres oder einer Brauerei einen Streich. Unseren Freund Alex vom Temmelser Braukeller hätten wir gerne auf Platz 2 getippt, weil wir ihn mögen, aber es hat nur zum 3. Platz gereicht. Der Bitburger Maibock ist besser als wir es ihm zugetraut hätten und es hat nur knapp verloren gegen unser liebes Mönchsambacher, welches Gott sei Dank trotzdem gewonnen hat. Der Ayinger Maibock enttäuscht etwas gemessen an der Erwartung, Finne ist leider komplett abgeschlagen, obwohl sich die Verkostungsnoten gar nicht schlecht lesen. Jedenfalls kann als sicher gelten, dass wir bei bekannter Brauerei eine andere Reihenfolge getippt hätten.
Und das beweist eindeutig: Als ambitionierter Bierliebhaber musst du dich ab und zu selbst erden und ehrlich sein. Blindverkostungen sind sehr schwer. Aber es ist die ehrlichste Bewertungsmethode. Und: Es macht trotz oder wegen dieser Herausforderung sehr viel Spaß.
Welchen Bierstil sollen wir als nächstes blind verkosten? Schreibt uns!