Im Urlaub führt mich mein Weg nach Berlin. Natürlich halte ich Ausschau nach craftigem Bier, immerhin ist das Thema gerade in den Metropolen Deutschlands präsenter als sonst nirgendwo. Ziel 1 Kreuzberg: Heidenpeters. Der Ruf seines Pale Ales eilt voraus und ja: Ich lege die Ohren an. 700 km entfernt von daheim und doch zu Hause. Mango, Maracuja, Pfirsisch – exakt das ist meine favorisierte Aromenrichtung bei Pale Ales oder IPAs – Volltreffer. Mit einer für ein Pale relativ hoher Stammwürze und einer gut eingebetteten Bittere habe ich hier eine absolute Einstiegsdroge im Glas: Nein, ein besseres Pale Ale kam mir noch nicht unter. Ich schwöre: Jeder, der Bier mag, wird das Heidenpeters Pale Ale lieben. Frisch vom Fass, unpasteurisiert natürlich – hier will ich wohnen!
Johannes Heidenpeter, eigentlich Künstler und Seiteneinsteiger beim Bier brauen, experimentiert gerne, soviel wird klar bei den anderen Fassbieren an diesem Tage – unter anderem ein lakritziges Bier, welches mit Süßholzwurzel eingebraut wurde (Lila Liquorice) und ein Rosmarinbier (Rose Mary), welches, so scheint es, nach dem Braukonzept „mehr ist mehr“ hergestellt worden ist. Es schmeckt wie ein ausgequetschter Tannenzapfen, und doch erfrischend, in jedem Fall eine tolle Erfahrung. Dank an dieser Stelle für die tolle Bezapfung von Maria B.
Nächste Station und dank des Mauerfalls direkt um die Ecke, nur einen Stadtteil weiter: Hops and Barley, Friedrichshain. Im Gegensatz zum Seiteneinsteiger Johannes Heidenpeter steht hier der gelernte und studierte Brauer Philipp Brokamp am Kessel. Am Zapfhahn geht’s traditioneller zu: es gibt Pils, Helles, Dunkles, Weizen und – auch der Klassiker-Brauer kann nicht ganz ohne experimentelles Bier: an diesem Abend ein Nelson-Lager, also ein mit dem Aromahopfen Nelson Sauvin gebrautes und gestopfes Untergäriges. Das Pils (Friedrichshainer Pils) ist wirklich grandios: Sehr intensiv, frisch und kernig im Geschmack, hintenraus ordentlich bitter – so muss Pils schmecken, so kann ein Pils schmecken, auf jeden Fall sehr stark. Die anderen Biere ebenso sehr sehr lecker.
Diese beiden Beispiele symbolisieren zwei Pole der Craftbierszene. Auf der einen Seite Quereinsteiger, die gerne herum experimentieren und die bisher in Deutschland eher unbekannten Stile nach vorne bringen, auf der anderen Seite aber die „Profis“ vom Fache, die sich eher auf deutsche Stile konzentrieren, um diese geschmackstechnisch auf die Spitze zu treiben. Craftbier ist beides. Wer sagt, ein Pils oder ein Dunkles ist öde, sollte mal ins Hops and Barley gehen.
Leider war ich viel zu kurz in Berlin, mit dem Hopfenreich in Kreuzberg hätte ich sofort eine gute Stammkneipe gefunden. Schoppe, Bogk, Vagabund, Brewbaker und all die anderen – Berlin hat so viel zu bieten. Ich werde wieder kommen.