Nun, es gibt sie, die Menschen, die ihr Bier haben! Ich komme aus dem Landkreis Bitburg und mich umgeben sehr viele Menschen dieser Kategorie. All diese Menschen haben IHR Bier. Bei uns ist es ganz klar, was erwartet wird, wenn man ein Bier bestellt. Mir ging das auch so.
Als ich vor vielen Jahren das erste Mal in Bayern war, war ich ganz überrascht, als man auf meine Bestellung „Ein Bier bitte!“ verdutzt antwortete: „Jo, Mai – welches denn?“ Bier halt. Okay, in Bayern bedeutete das: Helles, Dunkles, Weizen. Wenigstens ein wenig Auswahl – in der Eifel gibt’s neben dem Bit vom Fass in einer Kneipe noch Weizen aus der Flasche. Wenn der Wirt ein Rebell ist, gibt’s noch ein Kölsch.
Wie sieht es denn im Supermarkt aus? Die großen Marken sind vertreten! Bitburger natürlich – Premium. Die anderen sind auch da, ob sie nun Becks, Veltins, Krombacher oder Warsteiner heißen. Oettinger ebenso für den preisbewussten Kunden, der weiß, dass Oettinger auch nicht schlechter ist. Pils, Weizen, bei uns ein paar Exoten aus Osteuropa und dann natürlich die netten Sixpacks im Körbchen im Eingangsbereich – Mönchshof – frrrrisch aus dem Frrrrankenland – mit gerrrroltem R natürlich.
Doch der Kunde giert offensichtlich schon nach etwas Abwechslung. „Heute probiere ich mal was aus!“ Und zack, landet mal eine andere Sorte im Einkaufswagen. Was sind das für Biere? Ist da mehr dabei als Pils, Helles, Weizen?
Seit neuestem taucht überall dieses Grevensteiner auf. Sieht ganz nett aus. Ein vergilbt wirkendes Etikett. Ein Logo, das wie gestempelt aussieht, dazu sogar noch die Unterschrift des Braumeisters auf der Flasche. Jedenfalls gibt es noch ein schickes Glas dazu –das Bier selbst ist abgefüllt in der innovativen 0,5 l-Stubbiflasche.“ Muss man mal testen“ -zack gekauft!
Gebraut sein soll es mit „erntefrisch verarbeitetem Hopfen“ – Halleluja! Der erntefrische Hopfen wurde verarbeitet: Ich nehme mal an: getrocknet, gemahlen und in Pellets gepresst – so wie bei vielen anderen Bieren eben auch. Will man hier etwa mit dieser Formulierung einen anderen Eindruck erwecken?
Wie schmeckt es denn? Nun, es schmeckt wie ein Bier, das dem Supermarktkunden eben schmecken sollte. Auch wenn Biersommelier Dr. Wolfgang Stempfl ein komplexes Aroma, gebrannte Mandeln und grünen Apfel findet – was scheren diese Beschreibungen nachher den Kunden? Ein aufregendes Geruchsaroma vor dem Antrunk – sowas erwartet der gemeine Bierkonsument wohl eh kaum. Dieses Bier ist vor allem eins: süffig und ohne Kanten! Mal was anderes? Tut nicht weh oder „schmeckt doch ganz nett“. Wem das reicht: Zum Wohle!
Auch wenn C.&A. Veltins Grevensteiner traditionell daher kommt – Landbier aus dem 19. Jahrhundert. Da kann das Etikett noch so vergilbt sein: Glaubt denn irgendeiner, dass das mehr als Marketing ist? Interessiert das überhaupt irgendjemanden? Natürlich ist es so, dass die großen Brauereikonzerne Handelsverträge mit den Supermarktketten haben.Und wenn der Kunde Vielfalt erwartet, dann kann die Bierindustrie diese Vielfalt vermeintlich decken. Veltins jedenfalls zielt auf diese Klientel ab – mal was anderes trinken. Ob in der Flasche wirklich was anderes drin ist, ist eine andere Frage.