Lambic, Gueuze, Oud Bruin. Wenn man sich zum ersten Mal in die Welt der belgischen Biere begibt, trifft man früher oder später auf diese Stile, die eines gemeinsam haben, was der „normale“ Biertrinker nicht in seinem Lieblingsgetränk erwarten würde: Säure. Von leicht sauer bis „der komplette Mund zieht sich zusammen“-sauer bieten diese Klassiker eine hohe Bandbreite. Doch was zu Beginn abschreckend wirkt, eröffnet nach etwas Eingewöhnung ein großes Feld komplexer Geschmackserlebnisse, zu denen man immer wieder zurückkehrt. So auch bei mir geschehen mit Liefmans Goudenband, einem der ersten sauren Biere meiner persönlichen Bierhistorie, das ich an einem lauen Abend mit etwas mehr Sauer-Erfahrung erneut heimsuche.
Bereits die Flasche sieht äußerst schick aus. Mit blauem Papier umschlungen und einem netten Korken obenauf erinnert es auf den ersten Blick an Vieles, nur nicht an Bier im klassischen Sinne. Ein Gedankengang, der nicht zum letzten Mal aufkommen wird. Im Glas ist das Oud Bruin mit 8% Alkohol (hier im Jahrgang 2014) dunkelbraun mit Rotschimmer und einer Perlage, die an Champagner oder Sekt erinnert. Schöner erster Eindruck – was kann die Nase?
Alles. Nach circa einem Jahr im heimischen Keller scheint das Bier nochmals an Komplexität gewonnen zu haben. In der Nase finden sich Noten von Eiche, Tannine, Balsamico, Sherry, dunkle Kirschen, brauner Zucker, etwas Heu und Gewürze (entfernt an Muskat erinnernd). Ich bin selbst überrascht, wie viele geruchliche Assoziationen dieses Bier auslöst. Beim zweiten Riechen kommen rote Beeren (vor allem Himbeere), Leder, Weingummi und Trauben hinzu. In Summe äußerst vielschichtig, interessant und appetitanregend. Stark in Richtung Wein oder Champagner gehend. Große Klasse.
Am Gaumen zeigt sich das Goudenband mit einer ausgeprägten Säure, auch hier kommt direkt etwas Balsamico durch. Insgesamt wirkt es aber weitaus zahmer und weniger aggressiv als andere Oud Bruins. Eigentlich ein perfektes Einstiegs-Sauerbier. Nach und nach entfaltet sich der Geschmack weiter: Abermals dunkle Kirsche, Sherry, Rotwein, Eiche und etwas Apfel machen sich auf der Zunge breit. Leicht süß, prickelnd und etwas fruchtig, sehr ausgewogen und filigran. Das Finish ist trocken-holzig, minimal herb und insgesamt sehr rund.
Liefmans (2008 von Duvel-Moortgat aufgekauft) hat mit dem Goudenband ein feinsäuerliches Vergnügen eingebraut, das Schluck für Schluck neue Geschmacksebenen öffnet und zum Verweilen einlädt. Ganz und gar wundervoll und jedem Sauerbier-Einsteiger zu empfehlen. Alteingesessene werden es wohl eh schon kennen und schätzen. Zurecht.