Der geneigte Craftbierfan hat die Bezeichnung New England IPA (NEIPA) vielleicht schon einmal gehört: Der an der amerikanischen Ostküste entstandene Stil ist vergleichsweise neu und zeichnet sich durch zumeist besonders trübe Optik , sehr fruchtige, saftige Geschmacksnuancen, ein recht cremiges Mundgefühl und eine im Vergleich zum allseits bekannten West Coast IPA durchschnittlich niedrigere Bittere aus. Gründe hierfür liegen unter anderem in speziellen Hefen, dem Einsatz von Hafer oder auch Weizen sowie dem doppelten Stopfen in der Kaltlagerung (double dry-hopping). Wichtige Eastcoast-Brauereien, die sich dafür verantwortlich zeichnen, dass das New England IPA wohl aktuell der Stil der Stunde ist, sind unter anderem Trillium, Tree House, The Alchemist, Other Half, Tired Hands und Co.
Auch in Europa wird der Stil immer beliebter, allen voran durch die Pionierarbeit von Cloudwater, Stigbergets, Omnipollo und Konsorten. Und nun schickt sich mit der Hildesheimer Braumanufaktur eine deutsche Brauerei an, den großen Jungs aus Schweden, England und Übersee den Kampf anzusagen. Burst Generator nennen die Funk Soul Brewers – so die Sparte für besonders experimentelle Sude der Hildesheimer Braumanufaktur – ihren 7,5%-igen, mit Enigma-Hopfen sowie Gersten- und Hafermalz gebrauten Bomber. Flippiges Etikett inklusive. Na dann.
Im Glas erkennt man direkt: Trüb ist es. Die Farbe ist zwar für den Stil gar etwas dunkel geraten, aber darauf kommt es ja auch nur sekundär an. Wichtig ist der erste Eindruck in der Nase – und der sitzt! Tolle Noten von (unreifer) Mango, Limette und Pfirsich zeichnen sich ab. Zwar einen Tick dezenter als bei den großen Vorbildern, doch appetitanregend und saftig ist das hier ohne Zweifel. Harzige Noten, wie man sie zuhauf von Westküsten-IPAs kennt, sucht man vergebens.
Der überaus positive Eindruck bestätigt sich auch mit dem ersten Schluck. Schöner, weicher Antrunk, bevor sich dann im Mittelteil allmählich die saftigen Aromen entladen. Unwissende könnte hier tatsächlich vermuten, das Bier wäre mit Früchten versetzt. Beeindruckend, was man alles aus Hopfen herausholen kann. Mango kommt erneut prominent durch, entfernt Pfirsicheistee (!) und Zitrusfrüchte. Auch wenn tropische Geschmacksnuancen selbst für Westcoast IPAs nicht unüblich sind, so sind sie beim NEIPA meist deutlich einfacher erkennbarer und direkter herauszuschmecken. Die Fruchtsaft-Assoziation verstärkt sich durch eine klar erkennbare Süße und feine Säure, die dem Bier eine angenehme Komplexität verleiht. Das Finish ist stilkonform nicht sehr bitter, dennoch ist der Burst Generator durch seine klar vorhandene Herbe immer noch im Kern als Bier erkennbar und das ist auch gut so. Besonders gelungen ist das Mundgefühl und damit einhergehend die sehr gute Trinkbarkeit, die die 7,5% Alkohol enorm gut verdeckt. Damit ist die stylische Pulle wesentlich schneller leergetrunken als man sich wünscht. Doch wieso traurig sein: Im Endeffekt sind es genau solche Signale, die ein gutes von einem durchschnittlichen Bier unterscheiden!
Natürlich muss man die Kirche etwas im Dorf lassen: An Vergleichsbiere wie Amazing Haze von Stigbergets, Focal Banger von The Alchemist oder den frühen Vorreiter Cloudwater DIPA V3 kommt Burst Generator (noch) nicht ganz heran. Dazu es fehlt noch etwas an Fruchtkick im Aroma und die zweite verkostete Flasche zeigte eine etwas zu prominente (Malz-)Süße. Doch das ist Kritik auf sehr hohem Niveau, die angesichts der Begeisterung für diesen Sud nur der Vollständigkeit halber erwähnt werden soll. Mit dem Burst Generator ist den Jungs aus Hildesheim ein kleiner Kracher gelungen, der die Vorfreude auf weitere Sude dieser Art von den Funk Soul Brewers mächtig nach oben treibt.
Wenn man das Ganze jetzt – ganz trendy – auch noch in 0,5 Liter Dosen abfüllt, ist man auch von der Präsentation verdammt nah dran an den amerikanischen Vorbildern. Starke 4 Sterne mit Tendenz nach oben! Chapeau, meine Herren. Chapeau.